BCAA-Supplements sollen eine große Hilfe beim Muskelaufbau sein. Stimmt das? Sportwissenschaftler Wadim gibt eine Einschätzung.
Wadim Matsenyuk ist einer von 150 TÜV-zertifizierten Personal-Trainern in Deutschland, studierter Sportwissenschaftler, Host des BeStrong Podcasts und Gründer von BeStrong.
BCAAs (branched-chain amino acids) sind eine spezielle Form von Aminosäuren, die zu den essentiellen Aminosäuren zählen. Aminosäuren sind die Grundbausteine von Proteinen, die u.a. beim Muskelaufbau von großer Bedeutung sind. BCAAs sind:
Essentielle Aminosäuren (kurz: EAAs für essential amino acids) kann der Körper nicht selbst herstellen, sondern muss sie über die Nahrung aufnehmen. Sie werden daher häufig als Nahrungsergänzungsmittel für den Muskelaufbau verkauft, sind aber auch in handelsüblichen Nahrungsmitteln enthalten.
Aminosäuren sind die Grundbausteine, die unser Körper braucht, um Proteine (Eiweiß) herzustellen. Insgesamt benötigen wir Menschen 20 dieser Aminosäuren, aber nur 11 davon kann unser Organismus selbst herstellen. Die restlichen 9 müssen wir also über die Nahrung zuführen. Sie heißen deshalb: Essentielle Aminosäuren (auch EAA, essential amino acids).
BCAAs sind eine spezielle Form der EAAs (Essentielle Aminosäuren). Ihre verzweigte molekulare Struktur unterscheidet sie von den anderen Aminosäuren, was ihnen zu ihrem Namen verholfen hat. BCAAs gelangen schnell in ihr Zielgewebe, weil sie, anders als die restlichen EAAs, nicht in der Leber verstoffwechselt werden. Insgesamt gibt es 9 EAAs, doch nur 3 davon sind BCAAs. Hier die Liste:
BCAAs sind nicht besser oder schlechter als EAAs, sondern übernehmen in unserem Körper einfach andere Aufgaben.
BCAAs haben viele Funktionen im Körper. Sie helfen dabei, den Blutzuckerspiegel zu regulieren, fördern die Wundheilung und Gewebebildung und können auch beim Muskelaufbau und -erhalt eine Rolle spielen.
Kurz gesagt: Die Wirkung von BCAA-Supplements beim Muskelaufbau ist umstritten. Für effektiven Muskelaufbau ist es essentiell, alle wichtigen Aminosäuren zu dir zu nehmen, nicht nur BCAAs. Im Fachjargon nennt man das ein “komplettes Aminosäurenprofil” und wenn du dich ausgewogen und proteinreich ernährst, brauchst du BCAAs nicht extra zu supplementieren. Du erhältst sie dann in ausreichender Menge über deine Nahrung.
Leucin, eine der BCAAs spielt eine Rolle in der Aktivierung der Proteinsynthese. Es gibt aber keine stichhaltigen Hinweise darauf, dass die Supplementierung mit BCAAs den Muskelaufbau besonders beschleunigt. Viel wichtiger sind hier ein ausreichend großer Trainingsreiz, eine hohe Proteinzufuhr über die Nahrung (mind. 1,6g pro KG Körpergewicht) sowie genügend Erholung und Schlaf.
Auch hier gibt es derzeit keine Anzeichen, dass BCAA-Supplementierung dem Muskelabbau entgegenwirkt. Wichtiger dafür ist eine allgemein hohe Proteinzufuhr über die Nahrung. (Ooi et al., 2021)
Bisher ist wissenschaftlich nicht belegt, dass der Körper durch BCAA-Supplementierung schneller oder effektiver regeneriert.
Muskelkater sind, grob gesagt, kleine Schäden im Muskelgewebe. Eine Studie an jungen Männern weist darauf hin, dass beim Ausdauertraining Muskelschäden durch die Supplementierung mit BCAA abgeschwächt werden könnten.
Ok, BCAAs sind also wichtig für einige Körperfunktionen. Bringt es jetzt was, wenn ich BCAA Supplements und Nahrungsergänzungsmittel zu mir nehme? Eher nicht. Wenn du dich ausgewogen ernährst, bekommt dein Körper genug BCAAs, auch wenn du schwer trainierst. Konzentrier dich beim Muskelaufbau lieber darauf, generell genug Protein zu dir zu nehmen, dann musst du dir um die BCAAs keine Sorgen machen. Besondere Vorteile durch eine Supplementierung sind nach aktuellem Kenntnisstand nicht zu erwarten.
Das ist ein komischer Vergleich, denn Whey-Protein enthält alle EAAs und damit auch alle BCAAs.
Für den Muskelaufbau und deine Gesundheit ist ein möglichst breites Spektrum an EAAs wichtig. Whey-Proteinpulver bleibt hier der Goldstandard. Alle BCAAs sind darin bereits enthalten, zu einem deutlich günstigeren Preis. Für Veganer empfehle ich Erbsenprotein, welches ebenfalls alle EAAs und damit auch BCAAs enthält.
Stell dir vor, du wolltest den besten Reifen für dein Auto kaufen, damit du schnell vorwärts kommst. Bisher hast du dir über die Zusammensetzung des Reifens nicht viele Gedanken gemacht. Er besteht aus Gummi, Luft und einer Felge. Nur das Gummi berührt die Strasse, deshalb kommt jetzt ein Verkäufer zu dir und sagt: Hey, wir haben hier einen Reifen ganz aus Gummi, denn der überträgt ja die Kraft auf die Straße. Du musst kein Genie sein, um zu begreifen, dass es so viel Gummi gar nicht braucht, du aber die Luft im Reifen schmerzlich vermissen wirst, wenn du über unebene Straßen fährst und die Felge, wenn du den Reifen wechseln möchtest.
Einzelne Aminosäuren aus dem Zusammenhang zu reißen, und als BCAA-Supplements überteuert zu verkaufen, ist ein geschickter Marketing-Trick. Aber in unserem Körper geschieht nichts im luftleeren Raum. Wenn du ausreichend Protein aus guten Quellen (siehe Tabelle) zu dir nimmst, brauchst du dir keine Sorgen um deine BCAAs zu machen. Es ist also viel effektiver dein Geld in gute Lebensmittel zu stecken, denn das fördert neben dem Muskelaufbau auch deine Gesundheit allgemein.
BCAAs spielen in unserem Körper eine wichtige Rolle. Im Normalfall nimmst du sie aber automatisch in ausreichender Menge über die Nahrung auf. Bisher gibt es keine stichhaltigen Studien, die belegen, dass zusätzliche Supplementierung den Muskelaufbau beschleunigt oder anderweitig unterstützt.
BCAA-Supplements sind ein Marketing-Gag, auf dem du dich nicht blenden lassen solltest. Investiere dein Geld lieber in hochwertige Lebensmittel oder Proteinpulver mit einem möglichsten kompletten Aminosäureprofil. Dazu gehören z.B. Whey-Protein oder Erbsenprotein.
Halte dich an Whey-Proteinpulver, falls du sie verträgst. Für Veganer empfiehlt sich Erbsenprotein, das ebenfalls ein komplettes Aminosäureprofil aufweist.
Quellen:
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